Elektrifizierung – Software- und Testlösungen

E-Mobilität

19. Juni 2019 | Engineering Service

Es wird prognostiziert, dass vollelektrische und Hybrid-Fahrzeuge innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Marktanteil von 90 Prozent erreichen werden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Zahl an Prüfständen für E-Mobilität und Batterien wider, die aktuell gebaut werden. Im Folgenden soll erläutert werden, welche Aspekte bei dieser neuen Art von Prüfständen zu beachten sind und welches Vorgehen beim Prüfprozess zu empfehlen ist.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Batterieprüfung. Die heutigen Lithium-Ionen-Batterien erreichen eine Energiedichte, die um das 20- bis 30-fache unter der von Benzin liegt. Um eine Kostenparität zu Benzinfahrzeugen zu erzielen, müssen die Kosten für die Batterien entsprechend um das Vierfache gesenkt werden. Kurzfristig ist dies kaum umsetzbar und so gilt es, die Kalibrierung des Batteriemanagementsystems (BMS) umgehend zu optimieren, wozu präzise ­ Mittel auf dem Prüfstand notwendig sind. Für die Batterieprüfstände wird ein hochautomatisierter und personalsparender Prozess benötigt, der alle Prüfstände in Echtzeit überwacht und entsprechend schnelle Reaktionen ermöglicht – die Dateiformate müssen identisch sein, egal aus welcher Quelle sie stammen. In manchen Prüfzentren hat jedes Gerät ein eigenes Dateiformat, was sich auf die Produktivität des Prüfzentrums auswirkt. Zudem ist die Sicherheit im Hinblick auf Batterien ein Thema von besonderer Bedeutung: Extreme Umgebungsbedingungen, in denen die Chemie innerhalb der Batterie außer Kontrolle geraten könnte, müssen unbedingt im Auge behalten werden. Strenge Batterieprüfungen einschließlich Brandversuchen, Überspannungstests, Crash-Tests und Tiefentladungstests sind erforderlich. Doch auch, wenn die Batterie das empfindlichste Element ist, das es zu prüfen gilt, so wirft die Prüfung der Elektromotoren ebenfalls technologische Herausforderungen auf. Neu entwickelte Motoren können bis zu 25.000 U/min erreichen und in manchen Phasen kommt es dabei zu einem plötzlichen Temperaturanstieg, der sich nachteilig auf die Lebensdauer des Motors auswirkt. Auch in diesem Fall ermöglicht eine Optimierung des globalen Energiemanagementsystems (EMS) die Beherrschung kritischer Fälle und erhöht die Lebensdauer des E-Motors.

FEV bringt die wichtigsten Aspekte eines E-Mobility-Prüfzentrums und der Systementwicklung in drei Schritten auf den Punkt: Zunächst geht es um das automa­tisierte Management und die umfassende Überwachung der Prozesse und der Prüfstände mithilfe der Software-Suiten FEVFLEX™ und MORPHEE®. Zweitens muss eine Standardisierung der Prüfstand­lösungen beziehungsweise der Prüfzellen erfolgen. Und schließlich bedarf es einer Kalibrierung der Steuergeräte und einer Optimierung des Energiemanagements, wofür eine erweiterte Anwendung der Simulation erforderlich ist. Diese Vision ist das Ergebnis der mehr als zehnjährigen Erfahrung im Betrieb zweier Prüfzentren in München und in Saint Quentinen-­Yvelines (Frankreich), die mit 22 Prüfständen zur Prüfung von Batterien sowie zahlreichen E-Motor- und E-Achsprüfzellen ausgestattet sind.

Abb. 1: Über FEVFLEX™ und MORPHEE® gesteuerter Prüfprozess im E-Mobilitäts-Prüfzentrum

Vollautomatisierter Prozess

Ein vollautomatisierter Prozess ist ein entscheidender Faktor in jedem modernen Prüfzentrum, aber besonders wichtig ist die vollständige Automatisierung in einem Batterieprüfzentrum. Dies wird durch den Einsatz von Software wie ­ z.B. FEVFLEX™ und MORPHEE® gewährleistet. FEVFLEX™ ist eine modulare Software-Suite für das Management und die Überwachung des gesamten Prüffelds.

Sämtliche an FEVFLEX™ gesendeten Daten werden von MORPHEE®, dem Automatisierungssystem von FEV, erzeugt. Doch die elektrische Revolution steht gerade erst am Anfang. Batterien, Elektromotoren und die allgemeine Fahrzeugarchitektur werden sich noch weiterentwickeln. In dieser Hinsicht sind die Upgrade-Fähigkeit und Modularität von FEVFLEX™ und MORPHEE® wichtige Merkmale, die für die Software sprechen. Die offenen Software-Lösungen können vom Anwender einfach und vor allem ohne zusätzliche Entwicklungskosten konfiguriert werden. MORPHEE® kann über dieselbe Programmierschnittstelle an alle Arten von Geräten angeschlossen werden. Die Software ­erzeugt und synchronisiert Ergebnisdateien in einem identischen Format, egal von welchem Gerät sie stammen.

Prüfzellen: Standardlösungen

2019 ist für FEV Software and Testing Solutions ein besonderes Jahr, in dem neue Prüfzellen und Standardlösungen für Prüfstände eingeführt werden. Im Laufe der Jahre hat FEV viele Prüfstände gebaut, sowohl an eigenen Standorten als auch an Kundenstandorten in Europa, Asien und Amerika. Die Erfahrungen reichen von kompletten Engineering-Projekten bis hin zur einfachen Automation. Auf der Grundlage dieses Know-hows hat FEV Standardlösungen für Prüfstände und Prüfzellen entwickelt, bei denen eigene Produkte von FEV sowie Produkte von genehmigten Lieferanten zum Einsatz kommen. Dank dieser Standardisierung kann FEV die Kosten besser kontrollieren und kürzere Einführungszyklen anbieten. Das Angebot deckt dabei alle erforderlichen Dimensionen auf dem Gebiet der Elektrofahrzeuge und insbesondere die sicherheitsbezogenen Aspekte ab.

Abb. 2: OSIRIS® Powermeter in einem E-Motorprüfstand

FEV bietet Batterieprüfstände an, die für jeden Testfall gerüstet sind: Zellenprüfstände mit bis zu 24 Zellen je Klimakammer, Modulprüfstände mit bis zu sechs Modulen und integrierte Batteriepack-Prüfstände, entweder in begehbaren Kammern oder in besonders großen Klimakammern. Das Angebotsspektrum wird zudem durch Standardprüfstände für E-Motoren erweitert, die zur Charakterisierung von Elektromotoren eingesetzt werden. Der wichtigste Aspekt bei dieser Art von Prüfstand ist die Fähigkeit, bei sehr hohen Drehzahlen und in einem hochdynamischen Prozess unter Berücksichtigung von Vibrationen prüfen zu können. FEV stellt daher modernste E-Motoren-Prüfstände einschließlich perfekt abgestimmter Dynamometer her. Die Prüfstandlösungen für E-Motoren ermöglichen Drehzahlen bis 25.000 U/min. Die MORPHEE®-Softwarelösung für den Prüfstand ersetzt die Prüfstandsteuerung und bietet einfache Konnektivität zu den Rechnern. Der E-Antriebsstrang wird optimiert, indem verschiedene Anwendungsfälle (Autobahn, städtische oder ländliche Straßen) und unterschiedliche Faktoren (unter anderem Spannungs- und Stromsignale, Frequenz vs. Winkelposition und Drehzahl, Management von Drehmomentspitzen) berücksichtigt werden. In diesem Fall wird das OSIRIS® Powermeter von FEV verwendet, um die Effizienz des E-Antriebsstrangs zu analysieren. Hierbei wird die Leistung vor und hinter dem Inverter sowie vor und hinter dem Elektromotor gemessen.

Abb. 3 : e-CollCon™

FEV bietet einzigartige Lösungen, die nicht nur die Optimierung, sondern auch die Validierung des kompletten Antriebsstrangs erleichtern. Dauerlaufprüfungen, die mechanische Zyklen (Vibrationen, Begrenzer, Differenzial) und plötzliche Temperaturwechsel (Abkühlung, Rotor-Thermomanagement) simulieren, müssen ebenfalls durchgeführt werden. Bei dieser Konfiguration ist es wichtig, nicht nur den E-Motor, sondern den kompletten Antriebsstrang zu prüfen. Auf dem E-Achsprüfstand ist es möglich, das gesamte System in den nachgeordneten Schritten des Entwicklungsprozesses zu prüfen. Dabei kommen sowohl MORPHEE® als auch OSIRIS® sowie Dynamometer von FEV und Kühlwasserkonditionierungsanlagen wie das sogenannte eCoolCon™ zum Einsatz.

Optimierung des Energiemanagementsystems

Abb. 4: Optimierung des EMS – Simulation am Prüfstand mit MORPHEE®

Der letzte wichtige Erfolgsfaktor für ein E-Mobilitäts-Prüfzentrum ist die Fähigkeit, die Kalibrierung der verschiedenen Rechner und des Energiemanagementsystems (EMS) des Antriebsstrangs zu optimieren. Diese Fähigkeit war bereits auf dem Gebiet der konventionellen Motoren eine Stärke von FEV und gilt ebenso für Elektro- oder Hybridmotoren. FEV hat dies durch die Entwicklung von Software mit zwei charakteristischen Merkmalen erreicht: ein sehr hohes Leistungsniveau sowie vollständige Kompatibilität unter den einzelnen Komponenten. In den ersten Entwicklungsphasen wird mithilfe von xMOD™, einer virtuellen Versuchs- und Co-Simulationsplattform, durch Co-Simulation verschiedener Modelle (zum Beispiel E-Motor, Batterie, Fahrer und komplettes Fahrzeug) ein komplexes System erzeugt. In der Folge können virtuelle Versuche auf derselben Plattform durchgeführt werden, um die Steuerungsregeln im Vorfeld zu validieren. Im nächsten Schritt werden mithilfe des über MORPHEE® gesteuerten Prüfstands – in diesem Fall der Batterie- und BMS-Prüfstand oder der Prüfstand für den E-Antriebsstrang – die zuvor validierten Modelle integriert. Dafür wird das Batterie- oder E-Motor-Modell durch das physische Teil ersetzt. Alle anderen Komponenten werden beibehalten, um eine möglichst genaue Repräsentation des Antriebsstrangs in seiner Umgebung zu erhalten. Da xMOD™ und MORPHEE auf der gleichen Entwicklungsplattform basieren, folgen die Schnittstellen, Tests und Modelle allesamt dem gleichen Prozess vom Beginn bis zum Ende. FEV bezeichnet dies als Collaborative Framework. Es gilt zu beachten, dass die außergewöhnliche Simulationsleistung dieser Tools, die um das 10- bis 40-fache schneller sein können als andere Lösungen auf dem Markt, die Prüfung von hochkomplexen Modellen auf dem Prüfstand in Echtzeit ermöglicht.

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