
RDE-Konforme Ottomotoren
Ottopartikelfilter
Die flächendeckende Einführung von Ottopartikelfiltern (OPF) führt zu neuen Herausforderungen für die Kalibrierung. FEV begegnet diesen Herausforderungen mit neuen Entwicklungsmethoden. Hierbei handelt es sich um simulationsgestützte RDE-Tests, den Einsatz von spezifischen Worst-Case-Kraftstoffen sowie eine beschleunigte Aschebeladung von Partikelfiltern.
Die Einführung strenger Partikelanzahlgrenzwerte (particulate number, PN) in Europa und China wird von der Messung von Real Driving Emissions (RDE) auf öffentlichen Straßen bei beliebigen Rahmenbedingungen begleitet. Daraus ergibt sich eine Herausforderung zur Einhaltung der PN-Grenzwerte und somit ein klarer Trend aller OEMs zum Einsatz von OPFs, um heutige und zukünftige RDE-Gesetzgebungen zu erfüllen.
Bisher konnten Automobilhersteller die EU6d-TEMP-Partikelgrenzwerte mittels innermotorischer Maßnahmen – also ohne OPF – erfüllen, und zwar nicht nur in herkömmlichen Fahrzyklen wie dem NEFZ, sondern auch im WLTP. Die linke Seite von Abb. 1 bestätigt diese Aussage für ein J-Segment-Fahrzeug mit Turbo-DI Ottomotor ohne OPF.
Die untere Abb. 1 zeigt RDE-konforme Einflüsse, die im Vergleich zu herkömmlichen WLTP-Bedingungen zu einem wesentlichen Anstieg der Partikelemissionen führen. Als erster Faktor ist die Absenkung des Etha-nolanteils im Kraftstoff beispielsweise von 10 Volumenprozent (EU6-Kraftstoff, bzw. „Standardbedingungen”) auf 0 Volumenprozent (EU6 Worst-Case-Kraftstoff) dargestellt, die mittels Reduktion der Sauerstoffanteile im Kraftstoff zu höheren Partikeln führt. Zweitens, ebenfalls kraftstoffbedingt, geht die Klopffestigkeit eines erhöhten Aromatenanteils mit zusätzlichem Rußbildungspotenzial einher. Ein Anstieg der Zuladung durch Gepäck und/oder Passagiere führt zu Motorbetriebspunkten mit erhöhter Last und Drehzahl, wodurch der Partikelausstoß weiter ansteigt. Weiterhin führt ein sportlicherer oder aggressiver Fahrstil zu einem PN-Anstieg, insbesondere in Kombination mit den übrigen dargestellten Einflüssen.

>> DIE WORSTCASE-RDE-SIMULATION VON FEV IST IN DER LAGE, ALLE RANDBEDINGUNGEN IN EINEM ZYKLUS ABZUDECKEN
Unter Berücksichtigung dieser Vielzahl an Faktoren und ihrer möglichen Kombinationen wird eine OPF-Integration erforderlich. Daraus ergibt sich der Bedarf nach geeigneten Tools und Methoden, die eine Betrachtung aller OPF-Einflüsse und Wechselwirkungen bereits in frühen Entwicklungsphasen ermöglichen. Im folgenden Artikel werden simulationsgestützte RDE-Tests vorgestellt und OPF-Hardwaretrends sowie Kalibrierumfänge auch für besonders niedrige Temperaturen aufgezeigt. Er schließt mit den Ergebnissen einer beschleunigten OPF-Veraschungsprozedur.
Umfangreiche RDE-Testmöglichkeiten
In der Regel erfordert die Emissionsuntersuchung aller RDE-relevanten Randbedingungen die Berücksichtigung diverser Zyklen und Fahrszenarien. Die hohe Anzahl resultierender Testfälle führt zu Kosten- und Zeitproblemen während der Entwicklung. Abb. 2 zeigt einen Vergleich des WLTC-Rollen-Zyklus mit einem On-Road RDE-Test (durchgeführt auf der RDE-Strecke von FEV Aachen), sowie mit einem simulationsgestützten, maßgeschneiderten Worst-Case-RDE-Fahrszenario am Rollenprüfstand. Der Aachener On-Road-RDE-Test ist gesetzeskonform und bezieht sogar Mittelgebirgsabschnitte ein. Der Best-Case-Zustand jedes Kriteriums wird durch die Mitte des Diagramms gekennzeichnet, während die Worst-Case-Bedingungen durch den äußeren Rand gekennzeichnet sind.
Der WLTC deckt recht strenge Geschwindigkeitsbedingungen und mittlere vapos- und Fahrzeuggewichtswerte ab. Das vapos-Kriterium beschreibt die positive Beschleunigung multipliziert mit der Fahrzeuggeschwindigkeit und ist eine erste Kenngröße zur Bewertung der RDE-Fahrweise. Einflüsse von Volllastbeschleunigungen, Kaltstarts, positiven Höhendifferenzen oder Temperaturen werden jedoch nicht vollständig abgedeckt. Die RDE-konforme FEV Aachen-Strecke deckt eine wesentlich größere Fläche des Diagramms ab. Erst die Worst-Case RDE-Simulation von FEV ist als ganzheitlicher Simulationsansatz in der Lage, alle Randbedingungen in einem Zyklus abzudecken.

>> EINE HOHE ANZAHL VON PARAMETERN ERFORDERT SIMULATIONSGESTÜTZTE TESTS
Erfolgreiche OPF-Implementierung
Ein weiterer Grund für den Trend zum simulationsgestützten Testen ist die große Vielfalt an OPF-Anwendungen auf dem Markt. Abb. 3 zeigt die aktuellen Technologie- und Markttrends für OPF-Anwendungen auf Basis einer internen Analyse von FEV. Trotz des heutigen Anteils von 75 Prozent beschichteter OPFs, erwartet FEV aufgrund ihrer Gegendruckvorteile einen langfristigen Trend zu unbeschichteten OPFs. Zudem befinden sich die meisten OPFs in einer motornahen Position, um die hohen Abgastemperaturen für die Rußregeneration zu nutzen.

Die OPF-Integration in den ottomotorischen Antriebsstrang bringt eine Reihe zusätzlicher Kalibrieraufgaben mit sich. Die Hauptaufgaben sind Rußmodellkalibrierung, Überwachung der Rußbeladung (Simulation und dp-Sensor) sowie die Kalibrierung von Sicherheitsfunktionen. Alle Kalibrieraufgaben zielen darauf ab, die Auswirkungen der OPF-Implementierung auf den Kunden so gering wie möglich zu halten. Typische ECU-Kalibrierumfänge werden in Abb. 4 aufgeführt.

Die wichtigste Eingangsgröße für die OPF-Kalibrierung ist das Rohemissions-Rußkennfeld. Dieses muss anhand einer seriennahen Basismotorkalibrierung einschließlich innermotorisch optimierter Partikelemissionen ermittelt werden. Das Rußkennfeld basiert in der Regel auf einem Worst-Case-Kraftstoff, da die Worst-Case-Bedingungen als Haupttreiber für die Einleitung aktiver Regenerationen dienen. Tests zur OPF-Beladung und (aktiven) Regeneration auf dem Motorenprüfstand liefern unter anderem die kritische spezifische Rußmasse im Filter, aber auch Eingangsdaten für Rußbeladungs- und Rußoxidationsmodelle sowie für das Gegendruckmodell. Mit der Definition der kritischen spezifischen Rußmasse ist die Kalibrierung von OPF-Überwachungs- und Sicherheitsfunktionen möglich.
OPF unter Kaltstartbedingungen
Da der Worst-Case-Kraftstoff eine zentrale Rolle bei der OPF-Kalibrierung spielt, hat FEV ihre weltweiten Erfahrungen mit Erkenntnissen aus der eigenen Grundlagenforschung zu den Auswirkungen der Kraftstoffzusammensetzung auf die PN-Emissionen bei der Definition eines entsprechenden Entwicklungskraftstoffs gebündelt. Da es in aktuellen Serienanwendungen keinen Kraftstoffqualitätssensor gibt, muss das Steuergerät fast immer vom Worst-Case-Kraftstoff ausgehen.
Abb. 5 zeigt die OPF-Rußbeladung nach jeweils zehn wiederholten Kaltstarts bei unterschiedlichen Temperaturen. Bei EU6-Kraftstoff mit 10 Volumenprozent Ethanol und dem gewählten SUV mit Turbo-DI-Motor führen zehn Kaltstarts bei -20 °C zu einer Rußbeladung von ca. 0,9 g/l. Unter den gleichen Bedingungen produziert der FEV Worst-Case-Kraftstoff etwa 50 Prozent mehr Ruß. Ein Referenzkraftstoff zeigt das gleiche Verhalten.

Zehn wiederholte Kaltstarts bei -30 °C führten zu einer spezifischen Rußbeladung von 2 g/l, welche im Anwendungsfall den Schwellwert zur Auslösung einer aktiven Regeneration darstellt. Bei einer Temperatur von -30 °C können zwei Kaltstarts pro Tag bereits nach fünf Tagen Kundenbetrieb zu einer kritischen OPF-Rußbeladung führen. Daher ist es zwingend erforderlich, eine Steuergerätefunktion für die aktive Filterregeneration zu implementieren.
Realistische Darstellung von Alterungseffekten
Zur Berücksichtigung von Alterungseffekten in der Kalibrierung werden am Brennerprüfstand Schnellveraschungen von OPF durchgeführt. Als Referenz gemäß dem Stand der Technik werden in Abb. 6 zwei Alterungen am Brennerprüfstand mittels Kraftstoffdotierung mit Öl dargestellt. Da dieses Raffungsverfahren jedoch bekanntermaßen eine Asche mit sehr hohem Gegendruck erzeugt, wurde die Brennerhardware modifiziert, um die Ascheeigenschaften präzise zu regeln. Die modifizierte Hardware kann die Aschebildung optimieren und den Aschegegendruck deutlich reduzieren, was zu mit Fahrzeugasche vergleichbaren Ascheeigenschaften führt. Diese Verbesserung wurde erzielt ohne den Raffungsfaktor einzuschränken, wobei die volle Ausnutzung des Potenzial noch in der Entwicklung ist.

Damit ist die Brennerascheerzeugung ein kosten- und zeiteffizientes Werkzeug für lebensdauerende Untersuchungen unter Berücksichtigung des weiten Variationsbereiches von feldrepräsentativer Asche für verschiedene Kundenanwendungen. Insbesondere in frühen Entwicklungsstadien, in denen keine Fahrzeugdauerlaufdaten verfügbar sind, ermöglicht die Brenneralterung eine applikative Berücksichtigung von OPF-Alterungseffekten.
RDE-konforme Kalibrierung für den OPF
Mit der Messung realer Fahremissionen (RDE) wird eine ganze Reihe zusätzlicher Einflussfaktoren für die Fahrzeugkalibrierung zertifizierungsrelevant. Dies macht einen OPF-Einsatz zwingend erforderlich. Allerdings werden in herkömmlichen Testzyklen keine RDE-Worst-Case-Bedingungen berücksichtigt. Als Abhilfe liefert FEV ein Simulationstool zur Generierung von Worst-Case-Zyklen, die unter allen Randbedingungen eine RDE-konforme Kalibrierung ermöglichen.
Eine Marktanalyse bestätigt den zunehmenden Trend zur OPF-Integration, zeigt aber auch die Vielfalt an unterschiedlichen Fahrzeuganwendungen. Daraus ergeben sich neue Kalibrieraufgaben. Zur Minimierung des verbundenen Applikationsaufwands wird die simulationsgestützte Prüfung mit Worst-Case-Kraftstoffen und Kaltstartbedingungen kombiniert. Es ergibt sich eine RDE-konforme Rußmodellierung und Regenerationskalibrierung zur sicheren Seite. Mittels der neuentwickelten, beschleunigten Aschebeladung auf dem Brennerprüfstand wird bereits in sehr frühen Phasen die gesamte Lebensdauer des OPF applikativ berücksichtigt. Diese Kombination neuer Methoden ermöglicht eine effiziente Entwicklung sauberer Antriebe im Realbetrieb.

