
E-Mobilität vom anderen Ende betrachtet
Solarladung von Elektrofahrzeugen
Die Umweltvorteile eines Elektrofahrzeugs sind immer wieder in der Kritik, sei es mit der fiktiven Aufladung mit CO2-intensivem Braunkohlestrom oder der energie- und rohstoffaufwendigen Herstellung der Batterie. Wird nur mit deutschem Netzstrom geladen, sind die Vorteile gegenüber Benzin- oder Dieselfahrzeugen unter Einbeziehung der Batterieherstellung über den Lebenszyklus eines Fahrzeugs, nur gering. Viel besser sieht es allerdings aus, wenn mit erneuerbarem Strom geladen werden kann. Im Folgenden wird dargelegt, wie Solarstrom immer günstiger geworden ist, wie ein hoher Eigenverbrauch die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaik- (PV-) Anlage steigen lässt und was das nun mit der Ladung eines Elektrofahrzeugs zu tun hat.
Mit der Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 wurde der komplett erzeugte Solarstrom ins Netz eingespeist, da die Vergütung wesentlich höher als der Preis für Haushaltsstrom war. Seit 2013 ist nun der Zeitpunkt erreicht, an dem es wirtschaftlicher ist zuerst den Eigenverbrauch mit Solarstrom abzudecken und nur die solaren Überschüsse ins Netz einzuspeisen (Grid-Parity). Je stärker nun der Haushaltsstrompreis in der Zukunft steigt (und Solarstrom weiter sinkt), desto mehr steigt auch der Kostenvorteil durch Eigenverbrauch des selbst erzeugten Solarstroms.
Erhöhung des Eigenverbrauchs durch stationäre Stromspeicher
Im Privathaushalt kann der individuelle Lastgang der Haushaltsgeräte nicht beliebig in den Bereich hoher Solareinstrahlung verschoben werden. Von daher ist eine Limitierung des Eigenverbrauchs vorhanden. Nutzt man dagegen zusätzlich zur PV-Anlage einen stationären Stromspeicher, kann der Eigenverbrauch erhöht werden, da nun auch außerhalb der Solareinstrahlung Strom gespeichert werden kann.
Während des Tages bei starker Sonneneinstrahlung wird zuerst die Batterie vollgeladen und dann die PV-Strom-Überschüsse ins öffentliche Netz eingespeist. In den Abendstunden, wenn die Leistung der PV-Anlage zurückgeht, wird der benötigte Haushaltsstrom aus der Batterie wieder entnommen. Ist die Batterie leer, wird der Strom vom Netz bezogen.
Jährlicher Stromverbrauch
Der statistische Ein-Personen-Haushalt in Deutschland verbraucht 2.050 kWh Strom pro Jahr. Elektrofahrzeuge ersetzen aufgrund ihrer geringeren Reichweite und typischen Fahrprofile eher Benzinfahrzeuge als Dieselfahrzeuge, die höhere jährliche Laufleistungen und größere Einzelfahrten am Tag aufweisen. Die durchschnittliche Fahrleistung für Benzinfahrzeuge liegt bei rund 11.000 Kilometern im Jahr. Der Verbrauch eines durchschnittlichen Elektrofahrzeugs in der Praxis kann mit 18 kWh/100 km angenommen werden. Über das Jahr kommen so 1.980 kWh für ein Elektrofahrzeug zusammen, was einem Ein-Personen-Haushalt in etwa entspricht.
>> EIN ELEKTROFAHRZEUG VERBRAUCHT IM JAHR ÄHNLICH VIEL STROM WIE EIN EIN-PERSONEN-HAUSHALT
Anpassung der Ladeleistung eines Elektrofahrzeugs an die solare Stromerzeugung
Für das Laden eines Elektrofahrzeugs mit Solarstrom gibt es eine große Bandbreite möglicher technischer Lösungen. Häufig zu finden sind Energiemanagementsysteme mit Funksteckdosen, die je nach solarer Einspeisung das Elektrofahrzeug wie ein Haushaltsgerät einfach zu- oder abschalten. Häufig kommt es dabei zu Fehlermeldungen des Fahrzeugs und es gibt keine Möglichkeit eine flexible Ladeleistung zu erhalten. Eine schönere und dennoch einfache Lösung besteht aus einer kleinen Solarzelle mit einstellbarem Spannungsteiler, die 0-10 Volt als Gleichstrom-Eingangssignal für eine Ladebox (In Cable Control Box = ICCB) liefert. Die Ladeleistung lässt sich dann mittels Pulsweitenmodulation der Rechteckspannung (PWM-Signal) stufenlos rauf- oder runterregeln und kann damit gut der solaren Einstrahlung folgen. Durch die Ladebox mit Typ-2-Ausgang können sowohl Fahrzeuge die einen Typ-1 als auch Typ-2-Anschluss besitzen mit Solarstrom geladen werden. Oft findet man neben der Wallbox einen einfachen Umschalter zwischen Ladung mittels Solarstromüberschuss oder Sofort-Laden. Genauer – aber auch aufwendiger – sind Hausautomatisierungs-Systeme, die beispielsweise die momentane solare Erzeugung, den Netzbezug bzw. die Netzeinspeisung auf den Bus legen und über einen Aktor eine Gleichspannung für die Ladebox erzeugen können.

Vergleich der Kostenentwicklung der EEG-Vergütung für PV-Systemen mit einer installierten Leistung von weniger als 10 kW mit den Haushaltsstrompreisen
>> EINE GÄNGIGE LÖSUNG FÜR DAS LADEN EINES ELEKTROFAHRZEUGS MIT SOLARSTROM SIND ENERGIE- MANAGEMENTSYSTEME MIT FUNK- STECKDOSEN, DIE JE NACH SOLARER EINSPEISUNG DAS ELEKTROFAHRZEUG WIE EIN HAUSHALTSGERÄT EINFACH ZU- ODER ABSCHALTEN.
Daneben gibt es auch Komplettsysteme, die vom PV-Modul, Energiespeicher, Wechselrichter bis hin zur Wallbox in der Garage die komplette Produktpalette abdecken. Oft können Smartphones und Tablets zum Anzeigen und Bedienen integriert werden. Wetterprognosen werden teilweise mit eingebunden und nach bestimmten Parametern kann das Haus-Energiemanagement, zum Teil auch selbstlernend, optimiert werden.
Starke Reglementierung von Solareinspeisung nach EEG
Seit einer Novelle des EEG 2012 kann die Leistung einer PV-Anlage vom Netzbetreiber heruntergeregelt oder abgeschaltet werden. Notwendig ist daher die Anschaffung einer Abschalt-Vorrichtung. Dies ist bei kleinen Anlagen unverhältnismäßig teuer. Möchte man dies umgehen, muss von vornherein die Einspeiseleistung auf 70 Prozent der maximal möglichen Leistung beschränkt werden.
Während die Leistungsbeschränkung bei Ost/West-Dächern kein Problem darstellt, da beide Dachflächen nicht zugleich ihre Höchstleistung erbringen können, ist es bei südlich ausgerichteten Dächern wichtig, einen hohen Eigenverbrauch zur Mittagszeit mit einer intelligenten Steuerung und zuschaltbaren Verbrauchern zu ermöglichen, damit die solaren Erträge oberhalb des 70 Prozent-Limits nicht verloren gehen.
Neben den technischen Einschränkungen kommen einige bürokratische Anforderungen dazu. So muss eine PV-Anlage bei der Bundesnetzagentur angezeigt werden. Wenn man die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückerstattet haben möchte und auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet, ist man darüber hinaus verpflichtet, monatlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben. Dabei wird auch der eigenverbrauchte Strom bilanziert und die Umsatzsteuer wieder hinzugerechnet. Dies ist gerade für kleine PV-Anlagen ein nicht zu unterschätzender Aufwand.
Zunahme von wilden Solaranlagen ohne Genehmigung
Eine neue Bewegung, die sich Solar-Guerilla nennt, installiert ohne Anmeldung einzelne oder mehrere Solarmodule mit Mikrowechselrichtern, z.B. an Balkonen, und speist rückwärts über Außensteckdosen den Solarstrom ins Hausnetz ein. Es gibt dazu schon schlüsselfertige Anlagen zu kaufen, die mit einem Schukostecker versehen sind, um beispielsweise Mietern ohne Zugang auf ein Hausdach die Möglichkeit zu bieten, mit einfachstem Installationsaufwand eine Solaranlage in Betrieb zu nehmen. Die Anschaffung amortisiert sich über eine niedrigere Stromrechnung innerhalb von acht bis zwölf Jahren. Offiziell muss eine PV-Anlage bei der Bundesnetzagentur gemeldet werden und auch der Energieversorger ist darüber zu informieren. Damit nicht im Extremfall der alte Stromzähler rückwärts dreht (mehr PV-Strom erzeugt als im Haus verbraucht) und man strafrechtlich verfolgt wird, muss der Stromzähler gegen einen rücklaufgesperrten Zähler ausgewechselt werden.
Fazit
Neben der Auswahl an geeigneten Kabeln und einer zum Elektrofahrzeug passenden Wallbox kommt schnell der Kundenwunsch nach einer Eigenerzeugung des Ladestroms auf. Die Auswahl von geeigneten Komponenten (PV-Modul, Energiespeicher, Wechselrichter bis hin zur intelligenten Wallbox) ist sehr komplex und bringt oft auch Handwerksbetriebe an ihre Grenzen. Je mehr Vorwissen der private oder gewerbliche Kunde mitbringt, desto mehr wird das fertige Produkt seinen Wünschen entsprechen und ihn mit dem guten Gefühl von selbsterzeugter Energie für seine Mobilitätsansprüche belohnen.
